Digitalisierung ist die Zukunft. So hört man oft. Aber was heisst das konkret? «Digitalisierung ist mehr, als einfach einen Computer zu kaufen», sagt Kurt Gisler. Digitalisierung sei weniger eine Frage der Hardware, als eine Denkweise, ergänzt Thomas Tresch. Mit der Digitalisierung muss sich heute fast jeder beschäftigen, wie eine Welle hat sie fast alle Wirtschaftsbranchen erfasst, auch im Kanton Uri. Die Meisten versuchen irgendwie ihren Kopf über Wasser zu halten. «Dabei sollte die Digitalisierung doch unser Leben vereinfachen», sagt Thomas Tresch. Um die Digitalisierungswelle gekonnt reiten zu können, braucht es Fachwissen. Dieses wollen die beiden nun im Kanton Uri einem breiten Publikum zugänglich machen. Zusammen mit Marco Zgraggen, CEO der Sisag, und Gian Bisatz, Inhaber Binatec Ingenieure AG, haben sie – Kurt Gisler ist CEO von Mint System GmbH und Thomas Tresch Inhaber von Binary One – den Digital Cluster Uri gegründet. Ein Verein, der im Kanton Uri die Digitalisierung fördern und unterstützen will.
Herzstück dieses Digital Clusters ist ein Online-Portal, eine «Digital Knowledge Base», wie es neudeutsch heisst. Oder frei übersetzt: Ein Ort, wo das Digitalisierungs-Wissen im Kanton Uri gebündelt und zur Verfügung gestellt wird. Wer eine Frage zur Digitalisierung hat, oder eine Lösung für ein konkretes Problem sucht, soll hier eine Antwort finden. «In Uri ist viel Know-how bezüglich Digitalisierung vorhanden», ist sich Thomas Tresch sicher. Aber auf der Suche nach digitalen Lösungen denke man heute noch zu wenig lokal. Das Portal von Digital Cluster Uri ist nicht kommerziell. «Wir sind keine Handelsplattform», betont Kurt Gisler. Vielmehr soll es Nachschlagewerk sein und den Wissenstransfer fördern – und auch Ängste und Barrieren abbauen. Denn Digitalisierung gehe, das gelte immer mehr, alle an, auch Kleinunternehmer. «Es kann sich zum Beispiel ein Schreiner melden, dem die Buchhaltung zu kompliziert ist. Dafür gibt es digitale Lösungen», sagt Kurt Gisler. So soll letztlich auch Wertschöpfung im Kanton Uri gehalten werden, die sonst ins «Silicon Valley» oder nach China fliesst.
Funktionieren soll die Plattform grundsätzlich so: Es gibt Projektträger, die die Plattform finanzieren – aktuell sind dies neun Urner Unternehmen –, es gibt Vereinsmitglieder, das sind Personen, die ihr Wissen zur Verfügung stellen, und es gibt die Nutzer: Privatpersonen, die ihre Fragen einbringen. Wenn ein neues Thema aufkommt, wird im Verein diskutiert, ob und wie es angegangen werden soll. Die verschiedenen Mitglieder bringen ihr Expertenwissen ein, allenfalls werden dazu Events organisiert. Dies alles geschieht «von Urnern für Urner», erklärt Kurt Gisler. Mit dem Vorteil: «Es wird auf Augenhöhe diskutiert, in Uri kennt man sich.» Der Hintergedanke: Eine bessere Ausbildung bezüglich der Digitalisierung steigert die Mündigkeit in diesem Thema. Und dies ermöglicht ein kritisches Hinterfragen. Denn oft würden einfach die Produkte der grossen IT-Konzerne genutzt. «Die sind nicht per se schlecht», hält Thomas Tresch fest. «Aber die Monokultur ist nicht gut.» Das Geschäftsmodell der Konzerne basiere oft darauf, die Nutzer in ihrer «Bubble» gefangen zu halten. Mit einer gewissen digitalen Mündigkeit könne man dies überwinden. «Wir müssen die Wahl haben», betont Thomas Tresch.
Wie geht es nun weiter? Auf der Seite digital-cluster-uri.ch ist aktuell eine Umfrage aufgeschaltet, die allen Interessierten offen steht. Damit will der Verein herausfinden, welche Inhalte für die Urner Digital Plattform gewünscht werden. Ab November soll dann das System aufgebaut werden und ab April 2022 die «Knowledge-Base» bereit sein. Dann müsse der Verein auch selbsttragend sein, halten Thomas Tresch und Kurt Gisler fest. Als Anschubfinanzierung für das erste Jahr profitiert das Projekt von NRP-Geldern des Kantons. Ein bis zwei weitere Träger brauche das Projekt noch. Leben wird die Plattform dann vor allem von den Inhalten. Dazu braucht es einerseits die Nutzer, die die Umfrage ausfüllen und ihre Fragen einbringen, aber auch die Mitglieder, die ihr Wissen zur Verfügung stellen. Die vier Gründungsmitglieder sind alles Ingenieure. «Wir haben einen technischen Ansatz», sagt Kurt Gisler. Es seien aber alle Willkommen, die etwas zum Thema beizutragen hätten. So habe man beispielsweise bereits Juristen unter den Mitgliedern, die sich etwa für die Frage des Urheberrechts interessieren. «Denkbar wäre aber auch, dass zum Beispiel ein Pfarrer etwas zu ethischen Aspekten beisteuern könnte», sagt Thomas Tresch. Die Digitalisierung ist für Uri eine Chance, sind die beiden überzeugt. Denn es gebe hier viele schlaue Köpfe. Aber man müsse sie zu nutzen wissen. Dazu soll der Digital Cluster Uri beitragen.
Die Umfrage und weitere Infos unter www.digital-cluster-uri.ch.